Konflikte lassen sich klären, auch wenn das nie einfach ist. Und sie müssen geklärt werden. Denn wenn das nicht geschieht, werden am Ende alle verlieren
So lautet die Kernbotschaft des Konfliktforschers Friedrich Glasl.
Das Modell der Eskalationsstufen von Friedrich Glasl
Zum Verständnis der Dynanik von Konflikten trägt das von Friedrich Glasl entwickelte "Modell der Eskalationsstufen" wesentlich bei. Das Modell erklärt die wesentlichen Mechanismen, denen individuelles Verhalten in Konfliktsituationen unterliegt.
Jeder Konflikt folgt unweigerlich dem beschriebenen Eskalationspfad bis eine erfolgreiche Intervention (Moderation oder Mediation) den Konflikt klärt.
Die neun Stufen der Eskalation

- Verhärtung: Man ärgert sich. Über die Gründe des Ärgers wird aber nicht gesprochen. Schuldzuweisungen nehmen zu.
- Debatte: Zunehmende Polarisierungund Schwarz-Weiß-Malerei, Zynismus greift um sich. Jeder überlegt sich Strategien, um den anderen von seinen Argumenten zu überzeugen.
- Taten statt Worte: Die Parteien erhöhen den Druck. Der sich nicht durchsetzen kann, schmollt. Die Überzeugung, dass Reden nichts mehr bringt, macht sich breit. Fakten werden geschaffen, Blockaden errichtet, Kooperation wird unmöglich.
- Koalitionen: Allianzen werden geschmiedet und Feindbilder geschaffen, Unbeteiligte Dritte werden einbezogen. Es geht nicht mehr um die Sache, sondern darum, dass der Gegner verliert.
- Gesichtsverlust: Die Parteien demontieren sich öffentlich, der Gegner soll in seiner Identität getroffen und vernichtet werden. Verlust der moralischen Glaubwürdigkeit auf beiden Seiten.
- Offene Drohungen: Ultimaten werden gestellt, Sanktionen angedroht, was die Eskalation beschleunigt, obwohl das Gegenteil erreicht werden soll.
- Begrenzte Vernichtungsschläge: Der Gegner wird nicht mehr als Mensch wahrgenommen. Eigener Schaden wird in Kauf genommen, solange es der Gegenseite den größeren Schaden zufügt.
- Zersplitterung: Der Kontrahent soll vernichtet werden, wobei jedes Mittel zur Erreichung dieses Ziels legitim erscheint.
- Gemeinsamer Untergang: Für die Vernichtung des Gegners wird auch die eigene Vernichtung billigend in Kauf genommen. Es gibt keinen Weg zurück.
Ungelöste Konflikte treiben nach diesem Modell geradezu zwangsläufig auf eine Eskalation zu! Gleichzeitig liefert das Modell Ansatzpunkte für eine sinnvolle Konfliktlösung. Je nach Eskalationsniveau bieten sich Interventionsformen an, "nicht zu hart, wenn der Konflikt am Anfang steht, und nicht zu leicht, wenn schon kein Vertrauen mehr da ist", erklärt Eskalationsexperte Glasl.
Bis Stufe 3 lässt sich ein Konflikt noch relativ leicht durch eine gute Moderation in den Griff bekommen. Ab spätestens Stufe 4 kann nur noch ein professioneller Mediator helfen, der die konfliktgeladenen Vorgänge transparent macht und die Diskussionen Schritt für Schritt wieder versachlicht. Und Stufe 8 und 9 lassen sich nur noch durch autoritäten Machteingriff lösen.
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